11thAugust

Buchbesprechung: Röper, Thomas: Wladimir Putin – Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt? Fischer Verlag; Gelnhausen 05/2019; 4. Auflage; ISBN 978-3-941956-4; Seiten 279; 19,95 Euro

Es ist ein wahrhaft spannendes, ein authentisches Buch, das Thomas Röper sorgfältig und mühsam zusammengetragen hat. Putin und Rußland erscheinen in einem neuen Licht, fern der gewohnten Klischees und abgedroschenen Vorurteile, die unsere westlich geprägten Medien über Jahrzehnte in unsere Hirne eingetrichtert haben. Das Buch ist eingeteilt in drei Teile: 1. Putins berühmteste Reden und die Geopolitik, 2. Putins Sicht auf die wichtigsten internationalen Themen der letzten Jahre, 3. Die Valdai-Konferenzen. Das sind jährliche, international hoch karätig besetzte Tagungen zu weltpolitischen Themen.

Ende der 1980-er Jahre war der Westen von der „Gorbimanie“ erfasst, doch Ende 1991 brach die Sowjetunion auseinander. In der russischen Föderation war Jelzin, ein leicht zu manipulierender Mann, Präsident. Im August 1998 kam es zur Staatspleite in Rußland. 1999 wurde Putin von der „Jelzin-Familie“ zur Kandidatur gedrängt und im März 2000 zum Präsidenten Russlands gewählt. Es herrschte eine mafiöse Herrschaft von Oligarchen, deren Macht zu brechen Putin viel abverlangte. Am 25. 09. 2001 durfte Putin eine Rede im Bundestag halten mit dem Ziel, ein „richtiges gemeinsames europäisches Haus“ zu bauen. Im Jahr 2007 machte Putin bei der Münchner Sicherheits-Konferenz Schlagzeilen, indem er darauf hinwies, dass für die Welt „das monopolare Modell nicht nur ungeeignet, sondern überhaupt unmöglich“ ist. „Wir sehen eine immer stärkere Nichtbeachtung grundlegender Prinzipien des Völkerrechts“, vor allem durch die Vereinigten Staaten: „Niemand fühlt sich mehr sicher!“ Das System der Beziehungen ist wie Mathematik, da zählen persönliche Gefühle nicht. Vor der UNO 2015 fragte Putin, „warum die USA gegen alles und jeden Sanktionen und Kontosperrungen erwirken können, aber für den IS weiterhin das Geld sprudelt. Als Gegenentwurf der Politik der Exklusivität schlug Rußland eine Harmonisierung der regionalen wirtschaftlichen Projekte vor, die so genannte Integration der Integrationen, die auf universalen Prinzipien beruht.

 

Im 2. Teil kommen die ganzen Konfliktherde zur Sprache. Im Kaukasus-Krieg überschritt die georgische Armee die Demarkationslinie. Es war keine „russische Aggression“, wie dies die westlichen Medien darstellten. Man kann Putin „gut oder schlecht finden, aber man sollte zumindest nichts mutwillig verfälschen“. Danach werden abgehandelt die Putschs in der Ukraine und die Sanktionen als „Dauerbrenner“, die kaum einen Effekt auf Russland zeigten. Wir werden keine Sanktionen gegen die USA und den Westen einführen. Dann folgte Syrien, wo mehr bezahlte Söldner als eingesickerte Islamisten kämpften. Danach kamen die Migranten und die Terroristen dran, die in Putins Augen „die Ursachen für Terrorismus Krieg, Armut, Perspektivlosigkeit und Mangel an Bildung sind“. „Wir wollen unsere Interessen schützen ohne dabei unseren Partnern zu schaden.“ Russland hat alle Schläge gut weggesteckt und ist nicht bankrott gegangen, im Gegenteil unsere Devisenreserven sind sogar noch gewachsen.

 

In Teil 3 werden die fünf Valdai-Konferenzen von 2013 bis 2017 behandelt. „Wir sehen, wie viele euroatlantische Länder de facto ihre Wurzeln verleugnen, auch ihre christlichen Werte, die die Basis der westlichen Zivilisation sind. Es werden die moralischen Anfänge und jede traditionelle Identität geleugnet: die nationale, die kulturelle, die religiöse, sogar die geschlechtliche.“  Man muss die Rechte jeder Minderheit schützen, aber das Recht der Mehrheit darf nicht in Frage gestellt werden. Die größte Stärke Russlands sind „gebildete, kreative, körperlich und geistig gesunde Menschen. Die Zeit der unipolaren Welt hat überzeugend demonstriert, dass ein dominierendes Machtzentrum nicht zu einem Zuwachs an Lenkbarkeit der globalen Prozesse führt. Ich möchte darauf hinweisen, dass internationale Beziehungen auf Völkerrecht beruhen sollten, das auf moralische Prinzipien wie Gerechtigkeit, Gleichheit und Wahrheit basiert. Man muss immer fragen: Wer hat das passende mediale Klima geschaffen?

 

Der ehemalige finnische Premierminister hat einen schönen Satz gesagt: „In der Politik ist es wie beim Eishockey. Man darf nicht dahin laufen, wo der Puck jetzt liegt; sondern muss dahin laufen, wohin der Puck fliegt.“ Jeder Mensch ist auch wie seine eigene Welt. Und deswegen hat jeder auch sein ganz persönliches Verständnis dafür, was für ihn Glück ist! Direkt an die USA gerichtet, sagte Putin: „Sie müssen sich frei machen von der imperialistischen Politik. Sie müssen aufhören, Millionen Menschen in die Köpfe zu pflanzen, dass es eine andere Politik als die imperiale für die USA nicht geben kann.“ Am Ende muss man „aus der Globalisierung für Auserwählte eine Globalisierung für alle machen!

 

Dipl.-Meteorologe Dr. phil. Wolfgang Thüne

Oppenheim, den 11. August 2020

 

 

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